Die Orlando di Lasso-Gesamtausgabe
Die Orlando di Lasso-Gesamtausgabe war ein Vorhaben des Beirats „Orlando di Lasso-Ausgabe“ (früher Musikhistorische Kommission) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Der Ausgabe als Projekt der BAdW ging jedoch die nicht von der Akademie betreute heute sogenannte Alte Gesamtausgabe voraus.
Die heute sogenannte Alte Gesamtausgabe
entstand in den Jahren 1894 bis 1927 und erschien bei Breitkopf & Härtel in Leipzig. In 21 Bänden enthält sie nahezu sämtliche Motetten, Madrigale, Chansons und deutschen Lieder des Komponisten. Herausgeber waren Franz Xaver Haberl und Adolf Sandberger. Damit umfasst sie etwa die Hälfte von Lassos Gesamtwerk. Diese Ausgabe kam aufgrund finanzieller Probleme in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zum Erliegen. Eine Auflistung der Bände finden Sie unter Alte Gesamtausgabe (vgl. auch unten zur Zweiten, nach den Quellen revidierten Auflage der Alten Gesamtausgabe).
Die Neue Reihe
Die neue Reihe wurde von der BAdW initiiert und betreut; die bei Bärenreiter in Kassel publizierte Ausgabe (26 Bände) entstand von 1956 bis 1995 und enthält als eine Art Supplement alles das, was in der Alten Gesamtausgabe fehlt, also die Messen (die jedoch nicht alle zweifelsfrei Lasso zugeschrieben werden können) und Magnificat, die Passionen, Hymnen, so bedeutende Zyklen wie die Lagrime di San Pietro und die Prophetiae Sibyllarum, die Bußpsalmen, Lectiones, Lamentationes, die kleineren liturgischen Werke, schließlich einen Band mit Motetten, Chansons und Madrigalen, die den Herausgebern der Alten Gesamtausgabe unbekannt waren und erst später im Rahmen umfangreicher Quellenforschungen aufgefunden wurden. Damit liegen (abgesehen von einigen Dubia) alle Werke Lassos in der Gesamtausgabe vor. Eine Auflistung der Bände finden Sie unter Neue Reihe.
Die Neue Reihe basiert auf dem gesamten gedruckten und wichtigem handschriftlichen Quellenmaterial. Jeder Band enthält eine Einleitung zu den enthaltenen Werken, die Editionsrichtlinien, ein Verzeichnis sowie eine Beschreibung der Quellen, einen Kritischen Bericht und schließlich einen Abbildungsteil. Sie entspricht damit den Anforderungen an eine moderne kritische Gesamtausgabe. Da ein Verlagswechsel notwendig geworden war (von Breitkopf & Härtel zu Bärenreiter), erschien die Neue Reihe in einem anderen Format als die Alte Gesamtausgabe; auch bei den Editionsrichtlinien mussten Änderungen vorgenommen werden.
Zweite, nach den Quellen revidierte Auflage der Alten Gesamtausgabe
Da für die Edition der in der Alten Gesamtausgabe publizierten Werke jeweils nur eine (und meist nicht die beste) Quelle herangezogen wurde, erarbeitete die BAdW zusammen mit dem ursprünglichen Verlag Breitkopf & Härtel die Zweite, nach den Quellen revidierte Auflage der Alten Gesamtausgabe, die in den Jahren 1968 bis 2022 erschienen ist. Sie enthält alle schon in der Alten Gesamtausgabe publizierten Werke Lassos, darüber hinaus sind in Anhängen abweichende Fassungen oder Bearbeitungen, außerdem bisher übersehene oder nicht zweifelsfrei Lasso zuzuschreibende Sätze abgedruckt.
Für die Neuauflage wurde (wie für die Neue Reihe) das gesamte gedruckte Quellenmaterial sowie wichtige Handschriften herangezogen. Ausführliche Einleitungen beschäftigen sich mit den enthaltenen Werken und deren Überlieferungsgeschichte, Quellenlisten geben Auskunft über das herangezogene Material, anstelle von Quellenbeschreibungen wird jedoch auf einschlägige bibliographische Literatur verwiesen, die den Herausgebern der Neuen Reihe zum Teil noch nicht zur Verfügung stand. Mitunter umfangreiche Kritische Berichte, denen die Editionsrichtlinien vorangestellt sind, listen Fehler, Varianten, Umtextierungen etc. auf.
Abgedruckt sind die von Lasso vertonten Texte; die Abbildungen im Faksimileteil sind meist gezielt ausgewählt, um Varianten oder editorische Probleme zu illustrieren. Die Bände schließen mit einem Register der enthaltenen Stücke, etliche auch mit Literaturverzeichnissen. So gesehen liegt letztlich eine Neuausgabe mit gegenüber der Erstauflage zum Teil erheblichen Abweichungen im Notentext oder mit bisher unbekannten Textfassungen vor, da die Neuauflage weit über eine Revision hinausgeht.
Dem Charakter einer Revision ist indes die Übernahme der Einleitungstexte der Erstauflage in faksimilierter Form geschuldet, die jedoch durch Anmerkungen auf den aktuellen Stand gebracht wurden. Zudem orientiert sich die Neuausgabe am Notenbild der Erstauflage: Sie übernimmt die Seiten- und fast stets auch die Akkoladenwechsel. Im Sinn einer quellennahen Edition werden außerdem die schon in der Alten Gesamtausgabe verwendeten alten Schlüssel beibehalten; insgesamt gehen die Editionsrichtlinien jedoch weit über diejenigen der ersten Auflage hinaus. Eine Auflistung aller erschienenen Bände finden Sie unter Zweite, nach den Quellen revidierte Auflage der Alten Gesamtausgabe.
Auszüge aus Rezensionen finden Sie hier.